Das Schulministerium NRW ist mit seiner Entscheidung zur Zukunft der PRIMUS-Schulen im September 2024 vorgeprescht – ohne die im Juli bereits vorliegende Zusammenfassung über die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung zum PRIMUS-Schulversuch zu veröffentlichen.
Das Ministerium hat bewusst jede seriöse Auswertung des Schulversuchs im Schulausschuss des Landtags vermieden. Dem Schulministerium liegt der Bericht über die dritte Phase der wissenschaftlichen Begleitforschung zwar längst vor – er wird aber bis heute dem Landtag vorenthalten.
Stattdessen hat Schulministerin Dorothee Feller den Fraktionen des Landtags und den zuständigen Verbänden einen Gesetzentwurf zum 17. Schulrechtsänderungsgesetz vorgelegt, um voreilig politische Fakten zu schaffen. Danach sollen lediglich die vier bestehenden PRIMUS- Schulen des Schulversuchs in ihrem Bestand rechtlich abgesichert werden. Eine Ausweitung des Schulmodells soll es nicht geben.
Regierungshandeln gegen wissenschaftliche Erkenntnisse
Die Beschlüsse, die die PRIMUS-Schule auf ein bildungspolitisches „Abstellgleis“ stellen, widersprechen den unter schwarz-gelber Regierungsverantwortung von Schulministerin Yvonne Gebauer lückenlos veröffentlichten Berichten der wissenschaftlichen Begleitforschung. Das neue Strukturmodell mit durchgängig gemeinsamem Lernen von Klasse 1 bis 10 eröffnee demnach allen Schüler:innen bessere Chancen, ihr Potenzial ohne frühzeitigen diskriminierenden Selektions- und Notenzwang zu entwickeln.
Schon im Jahr 2021 hatten die Wissenschaftler:innen dem damaligen Schulministerium empfohlen, „bildungspolitisch sicherzustellen, dass die Primus-Schulen eine über das Jahr 2024 hinausgehende Perspektive erhalten, um die begonnene Reform so weiterführen zu können, dass diese in ihrer möglichen Attraktivität für andere Schulen und für Standorte als Bereicherung ihrer Bildungslandschaft sichtbar wird“.
Mehr Bildungsgerechtigkeit in NRW
An dem Vorgehen des derzeitigen Schulministeriums hat sich massive Kritik entzündet, die in einer aktuellen Petitionskampagne gegen die politische Beschränkung der PRIMUS-Schule durch das NRW-Schulministerium ihren Ausdruck findet. Sie wird unterstützt von vielen renommierten Bildungswissenschaftler:innen und wichtigen Organisationen. Gefordert wird „Mehr Bildungsgerechtigkeit in NRW: Weitere PRIMUS-Schulen von Kl. 1-10 schulrechtlich ermöglichen!“
Reaktion des Ministeriums
Auffällig kurzfristig hat die Ministerin für die Schulausschusssitzung am 11. Dezember 2024 ihren schriftlichen Bericht zum PRIMUS-Schulversuch auf das Ende einer überbordenden Tagesordnung gesetzt. Dass dieser Punkt aus zeitlichen Gründen nicht mehr verhandelt werden konnte, war vorauszusehen.
Es handelt sich wohlgemerkt nicht um den originären vollständigen Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitforschung, der ihr seit Ende November vorliegt. Die Ministerin verkürzt in ihrem Bericht die Darstellung der quantitativen und qualitativen Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung auf acht Seiten und verschweigt die Handlungsempfehlungen der Wissenschaft.
Ich meine: Wenn der Landtag seinen gesetzlichen Auftrag als Kontrolle der Landesregierung ernstnimmt, muss der Schulausschuss den wissenschaftlichen Evaluationsbericht von der Ministerin einfordern und die wissenschaftliche Begleitforschung dazu anhören. Unter Berücksichtigung der vielen kritischen Stimmen von Wissenschaftler:innen und Verbänden, die die Petition als Erstunterzeichner:innen mittragen, ist die Entscheidung des Ministeriums bildungspolitisch nicht haltbar.